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Sächsische Zeitung
Dienstag, 28. Mai 2002

Begeisternde Suche nach der verlorenen Melodie
Neues Matthus-Werk uraufgeführt

Friedbert Streller

Dass neue Werke sofort begeistert aufgenommen werden, ist selten. Der Berliner Komponist Siegfried Matthus war am Sonnabend im Kulturpalast anwesend, als sein im Auftrag der Dresdner Philharmonie entstandenes Klavierkonzert eine gefeierte Uraufführung erlebte. Mit dem Dresdner Orchester musizierte die in Deutschland lebende, in Moskau ausgebildete russische Pianistin Elena Kuschnerowa.

Wie bei anderen Orchesterwerken hatte auch dieses eine mottohafte Überschrift: „Die Sehnsucht nach der verlorenen Melodie“. Ob mit oder ohne Titel – es entstand einfach ein Klangstück von fast halbstündiger Dauer, das mit prägnant klarer Gestik der Idee nachging, klanggewaltigen, aggressiven Ausbrüchen des Orchesters zarte melodische Gebilde gegenüberzustellen, die sich mehr und mehr auszubreiten vermögen. Wie Orpheus den bedrängenden Furien widersteht, so hier die Pianistin den Klangkonvulsionen des Orchesters. Den Walzern nahe Klavierpassagen auf der einen, Strawinskys „Sacre du printemps“ nahe Orchesterkaskaden auf der anderen Seite attackieren die melodischen Ansätze, die vom Klavier aus sich allmählich auch auf andere Instrumente im Orchester ausbreiten. Die Pianistin, die sich teils im Sinne einer konzertanten Sinfonie einordnet, sich teils virtuos heraushebt, in einer Kadenz sich freispielt, markierte mit Ausdrucksflexibilität die Suche, ja das Finden von Melodie. Aber jäh reißt ein Aufschrei der Bläser die Entwicklung ab. Noch ist ein solcher Prozess nicht zu Ende.

Marek Janowski, der mit Meisterhand und in spürbarem Einklang mit seinen Musikern differenziert und mit beeindruckender Klangfantasie das neue Werk aus der Taufe hob, dirigierte am Beginn des achten wahrhaft außerordentlichen Konzerts in klarer und hinreißender Diktion Haydns Pariser g-Moll-Sinfonie (wegen gackernder Motivik im 1. Satz als „La Poule“, das Huhn, bekannt). Und am Ende erklang vom 1916 geborenen französischen Komponisten Henri Dutilleux „The Shadow oft Time“, ein interessantes Werk in fünf Sätzen, 1997 entstanden. Auch hier spieltedie vielfarbige Klanglichkeit eine große Rolle. Drei solistisch eingefügte Stimmen des Philharmonischen Kinderchors ließen die Botschaft bewegend lebendig werden.

Alle drei Werke des Konzertprogramms, alt oder modern, korrespondierten bestens miteinander.


 
 
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