Presse-Mappe | Press Kit |
Frankfurter
Allgemeine
Berlin 29.6.2000
Image original / English translation Frankfurter Allgemeine Berlin Die Geschichtenerzählerin Sie gilt in der Pianisten-Branche immer noch als so genannter Geheimtipp. Trotz bester Referenzen wie einem Abschluss mit "besonderer Anerkennung" am Moskauer Tschaikowsky-Konservatorium und mehrerer glänzender CD-Kritiken - so wurde ihr der Vierteljahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik für die Prokofjew-Einspielungen mit dem Südwestrundfunk Baden-Baden verliehen - ist ihr der Aufstieg in die heiligsten Hallen bislang verwehrt geblieben. Die weltbesten Orchester und die weltweit renommiertesten Podien haben sie bislang nicht erlebt, auch eine entsprechend karrierefördernde Plattenfirma versäumte es bis zum heutigen Tag, sie unter Vertrag zu nehmen. Die Gründe dafür sind hausgemacht. Der sogenannte Klassikmarkt, zumal im Bereich Klavier, ist umkämpfter denn je. Wer sich, und sei es durch verrückte pianistische Taten oder Extravaganzen, einen Namen macht, hat es leicht, wer es nicht tut, hat es schwer. Es reicht eben kaum; sehr gut oder noch besser Klavier zu spielen und dazu über eine gehörige Portion Individualität zu verfügen. Elena Kuschnerova, wie so viele pianistische Höchstbegabungen russischer Herkunft, seit acht Jahren aber in Deutschland zu Hause, kann für sich das Kompliment in Anspruch nehmen, zu dieser Sorte von Künstlern zu zählen, denen der Gang aufs Treppchen erst noch bevorsteht - so denn jemand sie an die Hand nimmt. Ihr anschlagstechnisch kultiviertes, technisch überlegtes Spiel ist von einer enormen Vielfalt an Klangfarben und Ausdrucksvarianten geprägt, ihr Sinn für Formabläufe ebenso stupend wie ihr Vermögen, auf dem Flügel spannende Geschichten zu erzählen. Zum Beispiel kleine Skrjabin-Geschichten. Auf ihrer Anfang dieses Jahres erschienenen CD (siehe F.A.Z. vom 3.3.2000) spielt Elena Kuschnerova die Etüden op. 8, die vierundzwanzig Preludes op. 11 sowie die zwei Poemes op. 32 von Skrjabin. Jedes Stück ein kleines Kleinod, voller kleiner Geheimnisse, mal zart, mal wuchtig, immer wieder mit überraschenden Wendungen, dabei stets eingebunden in den zyklischen Gesamtentwurf. Kuschnerova vermag es, mittels einer organisch den Atem der Musik aufnehmenden und dem Hörer eindringlich vermittelnden Rubato-Kultur sowie eines differenzierten Klangbildes jedem dieser Stücke einen sehr persönlichen Charakter zu verleihen, ohne die Beziehung zwischen diesen unterschiedlichen Charakteren und ihren Geschichten außer Acht zu lassen. Wie fein gezeichnete Personen in einem Tschechow'schen Theaterstück, die gemeinsam auf der Bühne stehen, verhalten sich die Miniaturen zueinander. Und jeder von ihnen hat etwas sehr Persönliches zu sagen. Kuschnerova verweist mit ihrer poetischen Lesart der Etüden, Préludes und Poèmes auch auf das enge Verhältnis von Skrjabin zu Chopin. Dabei zeigt sie zugleich auf, an welchen Stellen das Vorbild deutlich durchscheint, doch gleichermaßen, wo der Jüngere sich vom Älteren emanzipiert, wo er sich gleichsam agogisch und in harmonisch kühner Wendung freischwimmt. Heute Abend hat Skrjabin frei, an seine Stelle tritt ein nicht minder bekannter Landsmann. Elena Kuschnerova spielt die "Bilder einer Ausstellung" von Mussorgski, dazu Stücke von Chopin und Liszt. Man sollte es sich nicht entgehen lassen. JÜRGEN OTTEN Heute Abend, 20 Uhr, Kammermusiksaal der Philharmonie, Herbert-von-Karajan-Straße 1, Tiergarten. |
Frankfurter
Allgemeine
Berlin 29 June 2000 Music The Storyteller In the world of pianists she remains known only to a special few. Despite top references, such as a diploma with Top Honors from the Tchaikovsky Conservatory in Moscow and numerous glowing reviews of her CDs (including the Quarterly Prize of the German Recording Critics for her Prokofief CD with Sudwestfunk in Baden-Baden), the ascent to the top halls has remained denied to her. She has yet to experience the world's top orchestras or the world's most renowned podiums, and the recording companies that could have supported her career continue to neglect signing a contract with her. The reasons for this are homemade. The so-called Classical Music Market, at least for pianists, is more competitive than ever before. Whoever succeeds in making a name for himself, be it through crazy pianistic deeds or sheer extravagance, has it easy. If you don't play the game, life is hard. It is hardly sufficient anymore to play piano exceedingly well or even better, combining this with a proper portion of individuality. Elena Kuschnerova is an artist who can accept the compliment of belonging to this latter category; one whose ascent lies in the future when someone will take her by the hand. She comes from Russia like so many supremely talented pianists, and has lived 8 years in Germany. Her sophisticated and cultivated touch and her technically superior playing is molded with an enormous array of tonal colors and variety of expression, her sense of form is just as stupendous as her ability to tell exciting stories on the piano. For example, the stories of Scriabin. In her CD that appeared at the beginning of the year (see the FAZ of March 3, 2000), Elena Kuschnerova plays Scriabin's Études Opus 8, the 24 Préludes Op. 11 as well as the 2 Poèms Op. 32. Every piece is a small jewel, full of small secrets, sometimes tender, sometimes massive, but always with surprising changes yet always contained within the cyclical nature of the complete work. Through a rubato that stems from the breath of the music and urges itself upon the listener together with tremendous tonal control, Kuschnerova succeeds in giving each individual piece its own very personal character without allowing the relationship between their differing characters and their stories to be lost. These pieces interact with one another, as do finely defined people in a play by Chekov; despite standing together on the stage, each one of them has something very personal to say. With her poetic reading of the Études, Préludes and Poèms, Kuschnerova shows the close relationship of Scriabin to Chopin. She shows where the earlier master's example comes through, but equally demonstrating where the younger composer has freed himself from the older; where he, so to speak, swims freely both with agogic and harmonically bold changes. Tonight, Scriabin has the evening off. In his stead Elena Kuschnerova will be playing the "Pictures at an Exhibition” from a no less well known fellow countryman, Mussorgsky. In addition, there will be works by Chopin and Liszt. This is not an opportunity to be missed. JUERGEN OTTEN |